Rollis on Tour

Reisen im Rollstuhl – Corona – Rückreise aus Portugal

Globetrotter in Zeiten von Corona

Im Mai hätten sie als „Rollis on Tour“ wieder einen multimedialen Vortrag im Festsaal gehalten:
Petra und Horst Rosenberger. Der Vortrag musste leider abgesagt werden, stattdessen berichten die beiden hier von ihrer abenteuerlichen Heimreise aus Portugal. 3000 km durch ein Europa im Lockdown!

Die Rosenbergers freuen sich schon jetzt auf ein Wiedersehen mit Ihnen beim nächsten Vortrag und lassen Sie herzlich grüßen.

DER AUSBRUCH DER CORONA-PANDEMIE HAT SIE WÄHREND IHRES URLAUBS IN PORTUGAL KALT ERWISCHT – WIE HABEN SIE DIE ÄNFÄNGE ERLEBT?
An der Algarve hatten wir eine rollstuhlfreundliche Unterkunft gemietet. Eine wunderschöne Wohnung mit einer riesigen Terrasse mit Blick auf das Meer. Dort haben wir fast jeden Abend den sensationellen Sonnenuntergang genossen. Den ganzen Februar haben wir dort verbracht, unternahmen Ausflüge und waren von Land und Leuten begeistert. Toll sind Holzstege, die die Portugiesen zum Schutz der Dünen angelegt haben. Auf denen konnten wir auch mit unseren Rollstühlen bequem entlang des Strandes bummeln. Später hatten alle Restaurants geschlossen, aber wir kauften auf den Märkten ein und kochten selber. So etwas wie „Hamsterkäufe“ wie bei uns in Deutschland haben wir in Portugal nicht erlebt. Trotz strenger Auflagen ging die Polizei sehr entspannt mit den Leuten auf der Straße um.

WANN KAM ES ZU DEN ERSTEN EINSCHRÄNKUNGEN?
Anfang März wollten wir die Ausstellungseröffnung einer deutschen Künstlerin in Lagos besuchen, doch von heute auf morgen waren plötzlich alle öffentlichen Einrichtungen geschlossen. Kurz darauf haben wir deutsche Camper getroffen, die uns von großen Schwierigkeiten erzählten, nirgends mehr zelten zu können. Sie hatten bereits beschlossen, über die grüne Grenze irgendwie nach Hause zu kommen. Spätestens jetzt mussten auch wir uns überlegen, wie wir mit der Situation umgehen wollen.

WIR SIND SIE MIT DIESER SITUATION UMGEGANGEN?
Zuerst versuchten wir stundenlang uns online über das Auswärtige Amt zu informieren und uns in eine Liste einzutragen. Schließlich bekamen wir von der Botschaft aus Lissabon den Rat, so schnell wie möglich das Land zu verlassen. Doch mussten wir unsere lange Fahrt nach Hause ganz genau planen, denn Geschäfte, Restaurants und Übernachtungsmöglichkeiten hatten längst geschlossen. Am 19. März hatte die portugiesische Regierung offiziell die Ausgangssperre verhängt.

WAS HAT DAS FÜR SIE BEDEUTET?
Wir mussten im Auto übernachten, gerade für uns nicht so einfach. Als Proviant kauften wir haltbare Lebensmittel für vier Tage ein. Doch bei unseren Einkäufen haben uns die Portugiesen stets vorgelassen. Ganz wichtig: Wir mussten mindestens sechs Liter Wasser und einen Eimer dabei haben, damit wir uns auf der langen Tour auch mal waschen können.

WANN SIND SIE LOSGEFAHREN?
Am Dienstag, 24. März starteten wir. Wir nahmen uns vor, jeden Tag 1000 Kilometer zu schaffen. Die Autobahnen waren bis auf ein paar LKWs leer. An der portugiesisch-spanischen Grenze bekamen wir eine Genehmigung von der Grenzpolizei. Mit diesem Zettel konnten wir tatsächlich überall passieren. Dann kam die erste Nacht im Auto. Wichtig war es, einen möglichst sicheren Platz für eine Übernachtung zu finden. Trotz all unserer Decken wachten wir nach zwei Stunden komplett durchgefroren auf, denn nachts ging die Temperatur bis auf null Grad runter. Die elektrische Standheizung konnten wir nicht laufen lassen, dann wäre unser Auto am nächsten Tag nicht mehr angesprungen. So fuhren wir eine Stunde lang Richtung Heimat weiter durch die Gegend, um wieder etwas Wärme im Auto zu haben. Ganz ähnlich ging es uns auch am zweiten Tag bei unserer Reise durch Frankreich. Überall war es wie ausgestorben. Die Tankstellen hatten zwar geöffnet, doch die Toilettenräume waren oft geschlossen. Nur an einer Raststätte konnten wir einen Kaffee trinken.

WIE GING ES WEITER?
Sobald wir am dritten Tag die deutsche Grenze passiert hatten, war deutlich mehr Verkehr. An den Raststätten wimmelte es plötzlich wieder vor Menschen. Langsam waren wir vor allem durch die kalten Nächte im Auto am Ende unserer Kräfte: Die letzten 200 Kilometer vor unserem Ziel, das war für uns die schwierigste Strecke! Wir wechselten uns nach nur 50 Kilometern immer wieder ab, um nicht am Steuer einzuschlafen. Außerdem mussten wir unsere Quarantäne in Berlin planen, in die wir nach unserer Rückkehr zwei Wochen lang freiwillig gehen wollten. Zum Glück organisierten unsere Tochter und auch unsere Nachbarn den Einkauf für uns. Unseren Reiseproviant im Auto hatten wir längst verbraucht. Wir sind glücklich in Berlin angekommen und gesund. Im Rückblick war diese Tour das größte Abenteuer, was wir bisher erlebt haben!

Das Interview führte Rita Preuß mit Horst Rosenberger.

INFORMATION ZU DEN ROLLIS ON TOUR
Das Ehepaar Rosenberger hält seit 2005 multimediale Vorträge, in denen es von seinen Reiseerlebnissen rund um die Welt berichtet. Seit über zehn Jahren sind sie als „Rollis on Tour“ auch regelmäßig bei uns im Festsaal zu Gast. Petra und Horst Rosenberger sind seit ihrer Kindheit behindert, doch gerade als Rollstuhlfahrer lautet ihr Lebensmotto „überall Grenzen überwinden“. Mit ihren Reisevorträgen machen sie Menschen Mut, die aus unterschiedlichen Gründen eingeschränkt sind. Sobald das Paar unterwegs ist, rüstet es seine Rollstühle mit einem zusätzlichen Elektro-Zuggerät auf. Damit sind sie deutlich schneller und mobiler, so können sie Hindernisse und unebene Wege überwinden. Auch in der Corona-Krise bleiben die Rosenberger auf ihrer website aktiv: www.hope-rosenberger.de Dort stellt das Ehepaar neben seinen Reisevorträgen eine neue Ausstellungsreihe vor, in der Sie digital einen Galerie-Besuch unternehmen können. In der Malerei steht das Thema „Impressionen von der Algarve“ im Zentrum.